Die noch junge Firma Daimler-Benz brachte 1928 einen neuen, damals sehr modernen Traktor unter dem Markennamen Mercedes-Benz Modell OE (Oelmotor Einzylinder) auf den Markt. Der in rahmenloser Blockbauweise konstruierte Traktor hatte einen sehr sparsamen Dieselmotor mit Wasserverdampfungs-Kühlung, auf Wunsch auch mit Umlaufkühlung. Der liegende Einzylinder wies 3,4 Liter Hubraum auf und leistete 24 PS. Eine Dekompressionseinrichtung erleichterte das Anwerfen des Motors, beim Starten half eine Zündpatrone.
Von Beginn an gab es den Schlepper als Acker- und Straßenversion. Die Ackerversion war mit Eisenreifen ausgestattet, deren Hinterräder zur Traktionsverbesserung mit Greifern bestückt waren. Die Straßenversion war mit schweren Gussfelgen und Elastikreifen ausgerüstet, später auch wahlweise mit den neu entwickelten Luftreifen. Schon die Ackerversion wog ca. 2,5 Tonnen, die Straßenversion sogar 3,2 Tonnen. Dieses wurde auch als Werbeelement gegen den damals übermächtigen Konkurrenten Fordson, der zwar zu einem unschlagbaren Preis anbieten konnte, aber durch sein geringes Gewicht zum Aufbäumen neigte.
Das Getriebe war mit drei Vorwärtsgängen und einem Rückwärtsgang ausgestattet. Das Differenzial konnte gesperrt werden, die Hinterräder waren dann fest verbunden. Eine Überlastung des Getriebes wurde damit verhindert. Mit der Ackerübersetzung war eine Höchstgeschwindigkeit von 6,2 km/h möglich, in der Straßenversion durch geänderte Übersetzung des zweiten und dritten Ganges 12 km/h.
Im Jahr 1929 erhielt der OE-Schlepper eine Überarbeitung, der Motor wuchs auf 4,2 Liter Hubraum an, die Leistung stieg auf 26 PS. Als Höchstgeschwindigkeit der Straßenversion waren jetzt 15 km/h möglich. Eine dritte Version war lieferbar, der Kombinationsschlepper. Bei ihm wurden sowohl die beiden Zahnräder des Getriebes der Straßen- und der Ackerversion mitgeliefert, als auch die Eisenreifen und die Gummiräder der jeweiligen Versionen. Je nach Einsatzzweck konnte nun vom Kunden selbst die richtige Bestückung vorgenommen werden.
Aus heutiger Sicht war der Mercedes-Benz OE einer der besten, wenn nicht sogar der beste Schlepper seiner Zeit. Trotzdem wurde er von damaligen Kunden kaum angenommen, in seiner gesamten Bauzeit konnten gerade einmal ungefähr 380 Exemplare verkauft werden. Ob es an der beginnenden Weltwirtschaftskrise lag oder sonstige Gründe den Ausschlag gaben, ist nicht bekannt. Jedenfalls gab Daimler-Benz 1933 die Produktion des Schleppers auf. Erst nach dem Krieg wurden mit dem Unimog und später mit dem MB-Trac wieder Aktivitäten in der Landwirtschaft bei Daimler-Benz gestartet.
In der Literatur wird in den Typenbeschreibungen immer der spätere OE-Typ hergenommen. Ob bei Abmessungen und Gewicht Unterschiede zum Anfangsmodell bestehen, ist mir nicht bekannt. Wenn ich mehr weiß, wird die Tabelle unten ergänzt. Ferner wird auch die Behauptung aufgestellt, dass nur noch drei Exemplare weltweit existieren. Mit meinem begrenzten Aktionsradius konnte ich schon drei Schlepper sehen (zwei im Traktormuseum Paderborn, einer auf einem Traktortreffen). Ein weiterer soll im Mercedes-Benz-Museum sein (Foto in der Wikipedia), sind also schon vier - es wird wohl noch mehr davon auf der Welt geben.
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